-eine Gastkritik von Ellinora Wutterdam-
# Was ist das?
Sachma, wo warst Du in den letzten Wochen? Das ist eine Twilight-Fanficktion [sic!],
die ein wenig (???) außer Kontrolle geraten ist. Stephenie
Meyer-Faust [Twilight-Autorin, Anm. d. SdZ] wird es mit Sorge sehen.
Jedenfalls, "Fifty Shades of Grey" von E.L. James ist jetzt
ein eigenständiges Buch mit eigenständigen (?) Charakteren.
# Wer hats geschrieben?
Wie sag ich das jetzt nett? Eine "Dame" mittleren Alters mit viel zu viel
Zeit. Hätte es Häkeln / Stricken / Töpfern nicht auch getan, meine
Teuerste?
# Worum gehts?
Ana(stasia), 21-jährige Literaturstudentin (ungeküsst, un-behändchenhaltet,
ohne jedwede Erfahrung mit über das platonische hinausgehenden
Gefühlen für das andere Geschlecht, dafür mit intaktem Hymen,
ferner ohne Computer und E-Mail und vor allem: Mit dem
Selbstbewusstsein und der Intelligenz einer leeren Packung Toastbrot
gesegnet) trifft Christian (27, Multimilliardär mit schwerer
Kindheit und Vorliebe für SM-Sex). Beide fahren aufeinander ab wie
Schmitzkatze. In der zweiten Hälfte des Buches geht es praktisch nur
noch um den Austausch von Körperflüssigkeiten, wobei das ganze
zunehmend kinky wird und ungefähr so erotisch ist wie ein
Bayernporno – aber ein Bayernporno ist wenigstens halbwegs witzig.
# Oh. Sex. Na, wenns in hoher Literatur versteckt ist, ist doch alles gut.
Hohe Literatur?! Dazu nur so viel: Falls Du jemals vorgehabt haben solltest, das
schlechteste Buch zu schreiben, das je geschrieben worden ist,
vergiss es. Du hast gegen "Fifty Shades of
Grey" keine Chance.
# Warum kaufen es dann alle?
Frag mich was leichteres. Sex sells, vermutlich, immerhin ist das ganze ja ein
einziges Fickfest. Warum man aber, wenn man schon ein erotisches Buch
lesen möchte, zu einem Werk greift, wo Sadomaso-Sex in einer völlig
kranken Beziehung geschildert wird (so richtig problematisch ist vor
allem das, was außerhalb der Intimitäten passiert!) und dann auch
noch so unerotisch und laaaaaaaaaaangweilig, das muss keiner
verstehen. Oder, wie es die großartige Freya North in ihrer brillianten
Rezension schrieb: " I’d rather write – and read – about colourful sex which enhances life and
love, than destructive sex in dull shades of grey."
# Also soll ich es nicht kaufen?
Nein, auf keinen Fall! Wenn Du es lesen willst, besorg Dir eine Raubkopie und quäl
Dich durch. Aber der erste Band reicht.
# Wie, erster Band? Gibts da noch
mehr von???
Es gibt drei Bände, "Fifty Shades of Grey" ist der erste. Die beiden
anderen hab ich nicht gelesen, dazu ist mir meine Lebenszeit zu
schade.
Allerdings gibt es tatsächlich einen Grund, sich das Machwerk doch mal zu geben. Das
ganze Internet ist voll von umwerfend komischen Verrissen, die man
etwas besser versteht, wenn man das Buch kennt. Es ist aber keine
Bedingung.
Neben der oben erwähnten eher ernsthaften Rezension von Freya North empfehle ich
vor allem die folgenden beiden:
(die letztgenannte Besprechung kommt in mehreren Teilen und ist auch zum jetzigen
Zeitpunkt noch lange nicht fertig, deshalb immer mal wieder
hineinschauen – unbedingt lesenswert!)
Aber wer fleißig sucht, findet sicher noch mehr Lesenswertes. Lesenswerter als das,
was da verrissen wird, ist es in jedem Fall!