Buchheim

"Von den Sternen kommen wir, zu den Sternen gehen wir. Das Leben ist nur eine Reise in die Fremde" -Hildegunst von Mythenmetz

Sonntag, Oktober 24, 2010

Isländische Naturgewalten

Da sentimentale oder romantische Anwandlungen bei mir immer sehr vorübergehender Natur sind, konne ich nach der kleinen Goethe-Exkursion dann doch den geplanten Krimi zu Hand nehmen.

"Das letzte Ritual" von Yrsa Sigurdadottir

kombiniert die in der Krimiliteratur ungewöhnliche Perspektive einer Rechtsanwältin- und Expertin für Scheidungsrecht- mit typisch isländischen Zutaten und einer durchgehend spannenden und befriedigend aufgelösten Handlung. Nach den diversen kriminalistischen Reinfällen der letzten Zeit ein echter Hochgenuß und in jedem Fall ein Höhepunkt im ungebrochen grassierenden Skandinavienkrimitrend. Bevorstehende verregnete Herbstwochenenden dürften somit dank der mittlerweile vier Folgebände als gerettet angesehen werden.

Sonntag, Oktober 17, 2010

"Auf Sturm und... Trank!"

Ja, ich gebe es zu, ich war im Kino. Jedenfalls sah ich mich veranlaßt, den eigentlich oben auf dem Stapel liegenden Krimi zu ignorieren und stattdessen

Goethes "Die Leiden des jungen Werther"

zur Hand zu nehmen. Das erste Mal wurde ich- wie wohl die meisten- zu Schulzeiten mit diesem Werk konfrontiert und konfrontierte es im Gegenzug mit totalem Unverständnis und vollkommener Herablassung. Was für ein Weichei. Vollidiot. Langweiliges, selbstmitleidiges Geschwafel. Und ob er nicht eigentlich selbst merken sollte, daß er ein wenig überreagiert...
Letztlich ist dies nur ein Beweis dafür, daß Schullektüre selten eine positive Erfahrung ist und eigentlich nie ernsthaft die Liebe zur Literatur im allgemeinen und zu einzelnen Werken im besonderen wecken kann. Diese Liebe ist wohl eine Erfahrung, die jeder Leser nur für sich selbst und ohne Anleitung entdecken kann. Und manchmal kann dies nach vielen Jahren auch eine Liebe auf den zweiten Blick sein.
Es gibt schlechtere Auslöser als einen historisch zweifelhaften, aber zweifellos bezaubernden Kinofilm und schlechtere Werke als Werthers Leiden für eine solche zweite Chance.

"Es ist mehr als nur Wahrheit, es ist Dichtung"

Mittwoch, Oktober 13, 2010

Es lebe das Klischee

Nun, eigentlich- um aufrichtig zu sein- wäre es mir manchmal lieber, es würde nicht gar so hartnäckig und unzerstörbar weiterleben, das Klischee. Da ich darauf aber offenbar keinen nennenswerten Einfluß habe, nutze ich an dieser Stelle die günstige Gelegenheit, ausgiebig meiner neben der erst kürzlich erwähnten Klugscheißerei zweiten großen Leidenschaft zu frönen: dem Granteln. Anlaß genug dazu gibt mir meine letzte Lektüre, der Roman

"Alles Glück kommt nie" von Anna Gavalda

Selten habe ich eine derartige Ansammlung von platten Charakteren und klischeehaften "Verstrickungen" gelesen, zumindest keine, die sich gleichzeitig selbst als tiefsinnig und bedeutend ausgibt. Es fängt schon damit an, daß der Protagonist Charles, mit welchem der Leser wohl mitleiden soll, im Grunde nichts weiter ist als ein weinerlicher, egozentrischer alter Sack, der ausgiebig seine Midlife-Crisis zelebriert. Auch in Anouk, der extrem jungen Mutter seines früheren Kindheitsfreundes, der er als seiner "großen Liebe" hinterhertrauert, fällt es mir schwer, die wundervolle, warmherzige Bereicherung eines jeden Lebens zu sehen, als die sie wohl erscheinen soll.
Aber nicht nur sämtliche handelnde Personen sind aufgrund ihrer extremen Eindimensionalität eher reine Abziehbilder als echte Menschen, auch die Handlung selbst strotzt vor Plattitüden und Klischees, bis hin zum tatsächlich abstoßend süßlichen Happy End. Dieses findet Charles selbstverständlich nicht in der bösen, großen Stadt, in der man schließlich nur kaltherzig, verbittert und unglücklich werden kann, sondern auf dem Land, wo einfache, glückliche Menschen mit vielen putzigen Haustieren ein buntes Leben führen und jeden Abend jung und alt sich gemeinsam in der urigen Dorfkneipe treffen, welche vermutlich gleichzeitig Post und Lebensmittelladen ist.
Insgesamt erscheint mir dieser Roman wie ein deutscher Heimatfilm der fünfziger Jahre, der eins zu eins ins Frankreich des anfangenden neuen Jahrtausends übertragen wurde. Leider, ohne ihm irgendeine zusätzliche Handlungsdimension oder neue Aspekte hinzuzufügen. Und das funktioniert so einfach nicht, zumindest nicht für mein Lesebedürfnis.