Buchheim

"Von den Sternen kommen wir, zu den Sternen gehen wir. Das Leben ist nur eine Reise in die Fremde" -Hildegunst von Mythenmetz

Donnerstag, Oktober 06, 2016

Random Hottie, der Schwedenhappen

-eine Gastkritik von Ellinora Wutterdam- 

Lieber geneigte Leser, liebe geneigte Leserin, weißt Du, was ein Random Hottie ist? Nein? Hab ich mir gedacht. Ein Random Hottie ist großer Kerl mit blonden Haaren, Muckis und freiem Oberkörper, der aus einer depressiv dahindarbenden Sängerin eine lasziv sabbernde Erotomanin macht. Ich weiß das, weil ich

"Ein Rettungsboot für mein Herz (Sommersünden Band 5)" von Annie Stone

gelesen habe. Wie ich dazu komme? Verrate ich nicht, war aber nicht primär meine Idee. Ich wusste immer, dass mich meine Neugier nochmal umbringt.

Aber der Reihe nach. Christina Herz, die im echten Leben vermutlich Helene Fischer heißt und auch genauso berühmt ist (und genau so besch....eidene Musik macht), wird von ihrem Verlobten in aller Öffentlichkeit abgeschossen, Rauschen im Klatschblätterwald inklusive. Das wünscht man keinem Menschen. Christina verfällt auch nicht ganz unverständlicherweise in eine Depression. Ihre Assistentin Patrizia "verdonnert" Christina dazu, inkognito eine Kreuzfahrt mitzumachen, um wieder ins Leben zurückzufinden. Es dauert eine Weile und einige Gespräche mit dem Schiffsarzt, bis das auch ansatzweise klappt. Bis hierher ist die Geschichte eigentlich ganz schön, wenn auch ein wenig schwach auf der Brust. Aber als Christina zum ersten Mal ihre Kabine verlässt und den Pool ausprobiert, sieht sie IHN. Den Schwedenhappen. Den Random Hottie, der aber gar nicht Horst heißt, sondern Daniel und ihr hilft, ihr Herz zu kurieren. Das tut er nicht etwa mit seinen Worten oder seinem Herzen, sondern mit seinen definierten Oberkörpermuskeln. Die beiden fahren aufeinander ab wie's Gewitter, es kommt, wie es in so einem Fall immer kommt: Sie landen miteinander in der Kiste, was uns leider in allen Details beschrieben wird. Isch möschte das nischt. Natürlich kommt der Schwedenhappen irgendwann hinter Christinas Inkognito und schießt sie ab. Sie kauft sich eine Gitarre, schreibt endlich mal einen gescheiten Song und beschließt, ab sofort alles anders zu machen. Rückkehr Schwedenhappen, happen, pardon, happy ever after.
Das Büchlein ist, wie gesagt, ein wenig schwach auf der Brust (die Taschenbuchausgabe hat geschlagene 131 Seiten), und irgendwie machte die Story meine Seele nicht satt. Buchgewordenes Fast Food.

Das Buch ist in der Reihe "Sieben Sommersünden" erschienen, von denen jeder Band eine andere Todsünde als Thema hatte. Hier ging es um die Faulheit. Herrschaften, eine handfeste Depression ist keine Faulheit! Mann oh Mann.

Faul war hier nur die Autorin. Speziell die Figur von Daniel lässt nun wirklich kein Klischee aus.

Immerhin: Florian Silbereisen durfte nicht mitspielen. Und das ist ja auch schon mal was wert.

Mittwoch, Juli 09, 2014

Regen, Regen, Regen....

Wie nicht anders zu erwarten, hatte ich trotz bester Vorsätze bei ausgedehnten Besuchen in diversen Londoner Buchhandlungen, Museums-Shops und DVD-Läden irgendwann die Selbstbeherrschung verloren und mich gewissermaßen um Kopf und Kragen gekauft und stand anschließend vor einem mittelschweren Regalproblem. 

Da sich das Urlaubswetter im weiteren Verlauf von einer auserlesen unsommerlichen und regnerischen Seite zeigte- und dies wohl auch weiterhin vorerst nicht zu ändern gedenkt- konnte ich dieses Problem jedoch mit einem Besuch in einem schwedischen Möbelhaus und anschließender heimischer Umbauaktion lösen, so daß nun wieder eine artgerechte Bücherhaltung gewährleistet ist. 
Als zum Wetter passende Lektüre habe ich aus dem Stapel der Neuerwerbungen anschließend zu

"Flood" von Stephen Baxter

gegriffen. Der Name des Autors ist mir erst letztes Jahr erstmals begegnet (er hat gemeinsam mit Terry Pratchett eine neue Romanserie begonnen), er ist jedoch als Science Fiction-Autor bereits seit Jahrzehnten tätig.  
In Flood beschreibt er- wie der Titel nahelegt- eine Flutkatastrophe, die das durch den Klimawandel vorhergesagte Ausmaß bei weitem überschreitet. Über Jahrzehnte steigt der globale Meeresspiegel erst langsam, dann schneller, aber unaufhaltsam an und die Menschheit muß um ihr Überleben kämpfen.  
Ich möchte gar nicht mehr Details über den Verlauf der Handlung verraten, insgesamt ein extrem gelungenes und spannendes Werk der Science Fiction, das- wenn man die Grundprämisse der Flutkatastrophe akzeptiert- sehr realistisch wirkt und keineswegs so hanebüchen verläuft, wie man befürchten könnte. Letzteres ist wohl unter anderem Baxters wissenschaftlichem Hintergrund- er hat Mathematik und Physik studiert- zu verdanken. 


Und auf die Gefahr hin, mich als unverbesserlicher Nerd zu outen: da eine der Protagonistinnen mehrfach erwähnte, der Meerespiegel steige exponentiell, konnte ich mich nicht beherrschen, alle irgendwo angegebenen Wasserstände in eine Exceltabelle einzutragen und zu versuchen, eine Exponentialfunktion anzupassen. Stimmt. 

Sonntag, Juni 29, 2014

"Who doth molest my contemplation?"

Dieses Jahr stellte sich die Frage nach einer passenden Urlaubslektüre als sehr einfach heraus, da ich für ein paar Tage in London weilen werde, um diverser Hochkultur zu frönen. Dazu gehört- zumal für mich als bekennender Shakespeare-Liebhaberin- natürlich ein Besuch im Globe. 
Zur Vorbereitung auf dieses Ereignis habe ich entsprechend

"Titus Andronicus" von William Shakespeare

gelesen.
Es darf vermutlich als anerkannte Tatsache vorausgesetzt werden, daß der große Barde der unbestrittene Meister der romantischen Komödie, der Tragödie und des Königsdramas ist, aber daß er gewissermaßen auch den gepflegten Splatter erfunden und sogleich zur Perfektion gebracht hat, war mir bislang nicht bewußt. Es ist aber tatsächlich so. Titus Andronicus ist genau der Stoff, aus dem Quentin Tarantino seine Filme macht.
Entsprechend vergebe ich 5 von 5 Punkten auf der Kill Bill-Skala und empfehle die Lektüre nachdrücklich allen Lesern mit einem nicht allzu zart besaiteten Gemüt. Auch die sehr angemessen umgesetzte Verfilmung mit Anthony Hopkins in der Titelrolle- nicht von Tarantino- verdient durchaus Aufmerksamkeit.

Samstag, Juni 28, 2014

Wedding Night

- eine Gastkritik von Ellinora Wutterdam -

Oh-kay, an dieser Stelle das offizielle Bekenntnis: Ich bin total süchtig nach Chick-Lit, das heißt, Frau trifft Kerl, dann gibts viele lustige Irrungen und Wirrungen, und am Schluss kriegen se sich mitsamt amtlicher Knutscherei und allen weitergehenden Tätigkeiten. Halt was fürs Herz, was für die Bauchmuskeln und was für die niederen Bedürfnisse, Ihr versteht mich schon. Und wenn dann noch ne Hochzeit drin ist, dann... HACH!

So gesehen hätte 

"Wedding Night" (deutsch: Das Hochzeitsversprechen) von Sophie Kinsella 

eigentlich ein Volltreffer sein müssen. Ich darf den englischen Klappentext mal auf deutsch hier zitieren: Lottie hat keine Lust mehr auf Freunde in einer Langzeitbeziehung, die sie jedoch nicht heiraten wollen. Als ihr Ex-Freund Ben auftaucht und sie an ihren Schwur erinnert, einander zu heiraten, falls sie mit 30 noch Single sind, zögert sich nicht lang. Keine Dates und keine Verlobung – gleich direkt im Hochzeitskleid zum Traualtar. Danach Flitterwochen auf den griechischen Inseln, wo sie sich kennengelernt hatten. Aber nicht jeder freut sich über die schnelle Hochzeit. Freunde und Familie versuchen sie zu verhindern. Werden Lottie und Ben eine unvergessliche Hochzeitsnacht erleben – oder sie lieber vergessen wollen? [Übersetzung von amazon.de, passt aber halbwegs]

Soweit, so gut, das hätte ganz nette Unterhaltung werden können. Wenn denn das Buch nicht - wie soll ich sagen - weitaus mehr gehalten hätte, als hier versprochen wurde! Die Geschichte fängt an damit, dass Lottie und ihr Freund Richard im Restaurant sitzen, wo Richard seine Holde was Wichtiges fragen will. Lottie ist so überzeugt, dass es bei der wichtigen Frage um einen Heiratsantrag geht, dass sie das vorsorglich schon mal jedem weiblichen Wesen steckt, das ihr im Restaurant über den Weg läuft - und auch bei einem kurzen Klobesuch per Handy ihrer Schwester Felicity, genannt Fliss (denke eigentlich nur ich bei dieser Abkürzung an Zahnseide?). Als Lottie beim Kellner freudestrahlend Champagner zur Feier der Verlobung bestellt, schaut Richard ziemlich dämlich aus der Wäsche, weil er von ebendieser Verlobung gar nichts weiß. Natürlich kommts dann zum Eklat, und Lottie verlässt das Restaurant als frischgebackener Single. Und zu diesem Zeitpunkt finde ich sie bereits bratzedoof. Überhaupt, wer nennt denn seine Hauptfigur "Lottie"?

Fliss, einige Jahre älter als Lottie und alleinerziehende Mutter mitten in einer Horror-Scheidung, weiß, dass Lottie nach jeder Trennung eine wüste irrationale Hau-Ruck-Aktion startet. Dieses Mal ist die Aktion besonders folgenschwer, denn in Lotties Leben taucht kurz nach dem Eklat im Restaurant ihre Urlaubsliebe Ben wieder auf. Beide treffen sich und beschließen, so schnell wie möglich zu heiraten. Bens Beweggründe hierfür bleiben zunächst im Dunkeln, in Lotties Fall ist es mal wieder eine besonders extreme (und besonders bescheuerte) Form der Frustbewältigung.

Fliss tut zunächst alles, um die Hochzeit zu stoppen, hat aber nicht den Hauch einer Chance. Heute beschlossen, morgen geheiratet, übermorgen in die Flitterwochen auf die griechische Insel abgehauen, auf der Ben und Lottie sich kennengelernt haben. Bei Fliss schrillen nun sämtliche Alarmglocken, und sie hat die grandiose Idee, Lottie und Ben am Vollzug der Ehe zu hindern, damit die Ehe ohne Probleme annulliert werden kann. Da Fliss beruflich Hotels bewertet, setzt sie sich mit dem Hotel in Verbindung, in dem Ben und Lottie abgestiegen sind. Da sie den Besitzer gut kennt, schafft sie es, ihn dazu zu überreden, alle Hebel in Bewegung zu setzen, dass Lottie und Ben nicht miteinander schlafen. Das ist zwar an sich schon haarsträubend, birgt aber jede Menge komisches Potenzial, leider in der Umsetzung nicht wirklich witzig. Lottie vermisst Richard fürchterlich und merkt dann auch relativ schnell, dass die Idee, Ben zu heiraten, eher eine ihrer schlechteren war, weil sie und er überhaupt nicht zusammenpassen, hat aber zu große Angst vor einem Gesichtsverlust gegenüber ihrer Schwester, um die Reißleine zu ziehen.

Derweil taucht bei Fliss Bens Freund Lorcan auf, der die ganze Hochzeitsgeschichte für genauso daneben hält, wie sie nun mal ist. Überhaupt, Lorcan: die einzige halbwegs vernünftige Figur in diesem behämmerten Buch. Dabei stellt sich raus, dass Ben ein verantwortungsloser Hallodri ist, der sofort flüchtet, sobald die Dinge mal schwierig werden. Die Hochzeit war für Ben ein idealer Vorwand. Nun ja, obwohl Lorcan angesichts Fliss' Sabotageaktionen ziemlich entsetzt ist, kommen und Fliss sich näher und machen sich selbst auf den Weg nach Griechenland, inzwischen in Gesellschaft von Richard, der seine Nicht-Verlobung mit Lottie und die daraus resultierende Trennung bereut. Lottie bekommt zufälligerweise mit, dass Fliss hinter den ganzen Hindernissen hochzeitsnachtsbezüglich steckt, und dann ist natürlich erstmal ordentlich Strom in der Tapete. Aber als Fliss dann mit Richard im Schlepptau auftaucht, gibt es wieder Friede, Freude, Eierkuchen für alle und ein Happy End. Finally.

Ich muss nix mehr schreiben, oder? Wenns trotzdem noch jemand lesen will: Ich hab Dich gewarnt. Besorg ausreichend Alkohol, wirst es brauchen. Higgs.

Freitag, November 15, 2013

Beutekunst

Nachdem mich die für den letzten Urlaub ausgewählte Insellektüre sehr überzeugt hatte, beschloß ich, es noch mit weiteren Krimis der Autorin zu versuchen. Ich wählte dazu vor wenigen Wochen den ersten Band einer Reihe um den Berliner Anwalt Joachim Vernau:

"Das Kindermädchen" von Elisabeth Herrmann

Ich möchte gar keine unnötigen Details der Handlung verraten, da sich das vor allem bei einem Krimi immer schnell ungünstig auf die Spannung auswirkt. Ich habe das Buch innerhalb kurzer Zeit verschlungen, auch das etwas- sagen wir mal- actionlastige Finale tat dem Genuß keinen nennenswerten Abbruch. Mit Sicherheit werden auch die weiteren Bände den Weg in mein Bücherregal finden.

Das einzige, was ich bei der Lektüre doch als arg unrealistisch und konstruiert empfand, war die Vorstellung, daß von den Nazis enteignete Beutekunst über 60 Jahre lang unentdeckt in irgendeinem Keller vor sich hin lagert...

...Tja. Die wildesten Räuberpistolen schreibt wohl doch immer noch das richtige Leben.

Sonntag, Juli 14, 2013

Aber apropos...

...Graf von Monte Christo. Nun könnte man ja einwenden, Dumas sei zwar ein ganz Großer der Weltliteratur, ein echter Klassiker, aber die Handlung nun doch reichlich antiquiert und vollkommen ohne Relevanz oder Bezug für die heutige Zeit. Nach der Lektüre des Originals sah ich mich jedoch spontan veranlaßt, nach Jahren noch einmal zum direkten Vergleich eine aktuelle Adaption des Themas zur Hand zu nehmen:

"Der Sterne Tennisbälle" von Stephen Fry

Ganz abgesehen davon, daß ich Stephen Fry- und seinen britischen Humor- generell außerordentlich schätze, ist dieser Roman eine wirklich extrem gelungene Übertragung der Geschichte des Grafen von Monte Christo in das London der Jetztzeit. Nunja, in das London der Neunzehnhundertachziger und -neunziger Jahre. Auch wenn es natürlich gewisse kleinere Variationen der Handlung und auch des Endes gibt, ist es verblüffend, wie hervorragend das funktioniert und wie universell gültig die Motivation der handelnden Personen noch immer ist und vielleicht immer sein wird. 
Vermutlich ist es das, was einen Klassiker zu einem Klassiker macht.

Sonntag, Juni 09, 2013

Insellektüre, die dritte

Und wo ich gerade literarisch schon so schön beim Thema Inseln war, habe ich auch nach dem- wie üblich viel zu kurzen Urlaub- mit einem weiteren absoluten Klassiker zu dem Thema weitergemacht:

"Der Graf von Monte Christo" von Alexandre Dumas

Wie bei den meisten von Dumas' Werken kannte ich auch den Grafen von Monte Christo bislang nur aus den diversen Verfilmungen, die an den Sonntagnachmittagen meiner Kindheit in regelmäßigen Abständen im Fernsehen liefen (damals, zu jenen seligen Zeiten, als wir nur drei Fernsehprogramme hatten und ich schon deshalb meistens zum Buch griff. Außer bei Western-, Piraten-, oder Mantel-und-Degen-Verfilmungen am Sonntagnachmittag...).
Tatsächlich bin ich sehr froh, diese Lücke jetzt geschlossen zu haben. Auch wenn Dumas wahrlich nicht dazu neigt, sich kurz zu fassen, lesen sich die Abenteuer von Edmond Dantes auf fast 1500 Seiten ausgesprochen spannend und kurzweilig. Echte Helden, Schwertkämpfe, Intrigen, die große Liebe, fremde Länder, unermeßliche Schätze und aufregende Abenteuer... alles da. Die Bilder, die dabei in meiner Phantasie entstehen, stehen den Verfilmungen der Sonntagnachmittage meiner Kindheit jedenfalls in nichts nach.